Challenge Roth 2014

Thomas Friedrich, Katja Wacker, Bernd Schmidt

Mit 3.500 Einzelstartern und 650 Staffeln aus über 60 Nationen, einem Top-Starterfeld, etwa 200.000 Zuschauern entlang der Wettkampfstrecken und bis zu 35 Grad, startet der DATEV Challenge Roth am 20. Juli zu seinem 30. Jubiläum. Mit dabei, Thomas Dittmann, Thomas Friedrich, Christian Stach, Peter Troidl, Bernd Schmidt und Katja Wacker. Stachi, Tommy, Pit und Bernd sind schon „alte Hasen“ was die Langdistanz betrifft. Thomas F. und ich sind Rookies auf dieser Disziplin, wobei Thomas wenigstens schon in der Staffel gestartet ist und bisschen Erfahrung hat. Ich wusste, dass ich gut trainiert hatte, dennoch ging mir der Stift wie Hölle.
Ab Donnerstag durfte man im Triathlon Park in Roth seine Startunterlagen abholen. Die Stimmung dort war grandios und es tummelten sich bereits viele der angekündigten Profis auf der Messe, die zu der Jubiläumsveranstaltung zugesagt hatten. Es war eines der stärksten Frauenfelder, das jemals bei der Challenge Roth an den Start gegangen war. Vier der Hawaii-Top-Ten von 2013 waren in die fränkische Triathlonmetropole gekommen und ich mittendrin. Meine Aufregung stieg noch mehr.
Der Samstag nahm uns mit den Vorbereitungen in Beschlag, da die Räder bereits am Vortag eingecheckt werden sollten. Ebenso musste der Wechselbeutel fürs Laufen bereits mit abgegeben werden. Habe ich auch wirklich an alles gedacht? Egal, auf geht’s zum Parc Fermé Rad abgeben, Wechselzone besichtigen, Wege einprägen. Dazwischen trinken, trinken, trinken. Die Sonne stach gnadenlos vom Himmel und auch für Sonntag waren höllische Temperaturen angekündigt.
Es ist Sonntag 4:30 Uhr: Guten Morgen liebe Triathlon-Freunde, gleich geht’s los – Challenge Roth, 30. Auflage und wieder mal bestes Wetter.
Die Sonne blitzt schon über den Kanal und nur vereinzelt Wölkchen am Himmel, das wird wirklich heiß heute. Aber das soll sich heute Abend ja noch ändern…Es werden die letzten Vorbereitungen getroffen und gefrühstückt bevor wir uns guter Dinge auf den Weg zum Start machen. Die am Vortag eingecheckten Räder werden nochmals überprüft, aufgepumpt, Wasserflaschen gefüllt, die Radschuhe und der Helm richtig positioniert, damit beim Wechsel alles schnell geht. After Race Beutel abgeben, sich in die schwarze Pelle pressen um ja zeitig am Schwimmstart zu sein.
Der Countdown läuft, Starthymne, erste Gänsehaut und… Badummmm! Startschuss und los! Alle 15 Minuten stürzen sich die Startergruppen mit einem Böllerschuss ins Wasser. Über dem Geschehen schwebt ein Helikopter. Ich bin die erste, die um 06:45 Uhr in den langen und anstrengenden Tag startet. Nun heißt es: Schwimmen lockern angehen, beim Rad nicht überzocken um sich für den Marathon noch Körner aufzusparen – Leichter gedacht als gemacht.
Als ich um 08:05 aus dem Wasser stieg, hatte Bernd bereits die Wechselzone verlassen. Dass er mich beim Schwimmen doch überholt hatte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Bis auf Pit, der kurz vor dem Ausstieg war, pflügten alle anderen Jungs vom Radlexpress noch durchs Wasser. Er verließ fünf Minuten nach mir die Wechselzone und hatte mich bereits vor Thalmessing überholt. Das sollte das erste und letzte Mal an diesem Tag gewesen sein, dass ich Pit gesehen habe. Ich rollte frohen Mutes und mit guten Beinen im Gepäck Richtung Greding. Bernd überholte mich dann in Obermessing und teilte mir mit, dass er bereits eine Zeitstrafe in der Penaltybox abgesessen hatte. Mein kleiner Pechvogel. Doch das sollte für ihn nicht die letzte Unwegsamkeit an diesem Tag gewesen sein. Thomas F. wurde unterdessen von einem Kampfrichter belehrt, dass er seinen Müll nicht wegwerfen dürfe. Er musste anhalten, zurücklaufen zu seinem Papier und es aufheben. Ich hatte zwischenzeitlich den Kalvarienberg gut bezwungen, wurde am verhassten Kränzleinsberg angefeuert und freute mich auf das größte Erlebnis dieser Radstrecke. Ein ungläubiger Blick als ich nach der Kurve in Hilpoltstein in die Anfahrt auf den Berg einbiege – vor mir türmt sich ein Menschenmeer auf. Ein Gejohle aus tausenden Kehlen. Die Streckenposten müssen die Massen immer wieder zurückdrängen: Willkommen am Solarer Berg! Das sind nicht 10.000, die hier stehen und brüllen, nein, das sind geschätzte 20.000. Wahnsinn, was für ein Lärm. Hier müsst ihr durch, hier dürft ihr durch! Man fühlt sich wie ein Radfahrer bei der Tour de France – Gigantisch. Noch ganz eingelullt von diesem Erlebnis bekomme ich vom Rest der ersten Runde gar nicht mehr viel mit. Kurz vor der Biermeile überholte ich Jule, Robert und Martina, die mit Ihren MTBs unterwegs waren, um sich einen anderen Platz zum anfeuern zu suchen. Nun war ich auf der von mir gefürchteten zweiten Runde. Ich bin viele lange Einheiten gefahren, aber es fehlte im Training die Motivation, die Challengerunde zweimal zu fahren. Deshalb wusste ich nicht, wie es mir ergehen wird. Aber meine Befürchtungen traten nicht ein. Sie kam mir, obwohl nicht mehr so viel Stimmung war wie auf der ersten Runde, sehr kurzweilig vor. Nur meine angehenden Magenschmerzen machten mir etwas Sorgen.
Bernd, der auf der zweiten Runde noch eine Reifenpanne hatte und erneut 10 Minuten verlor, ging 9 Minuten vor mir auf die Laufstrecke.
Um kurz vor 14 Uhr machte ich mich auf die letzten 42 km des Tages. War es beim Rad fahren auch schon so brütend heiß? Ich schleppte mich mit meinem rumorenden Magen von Kilometer zu Kilometer. Die Umstände, die Temperaturen waren echt verdammt hart. Wie lautete nochmal die aktuelle Meldung der Stadt Nürnberg zur Wetterlage? „Aufgrund erhöhter Ozonwerte sind unnötige körperliche Anstrengungen derzeit zu vermeiden“. Danke für den Hinweis, aber heute ist das hier eher schlecht…
Unsere Supporter warteten an der Lende auf uns mit neuen Gels und Salztabletten im Gepäck. Ich war soweit, dass ich nicht mehr weiterlaufen wollte. Mein Magen war komplett dicht und blockierte meine Beine. Aber meine Ansage, dass ich hier und jetzt beende wurde nicht zugelassen. Ein heftiger Wortregen ging auf mich hernieder, es folgten Tipps wie „Tempo raus nehmen“, „kurz gehen“, „was trinken“ und „kneif den Arsch zusammen und lauf los“. Chrisi, der Junior von Bernd, teilte mir dann auch noch ganz Kleinlaut mit, dass der Papa immer sagt, DNF ist keine Alternative. So machte ich mich gebeutelt auf den Weg. Bis Kilometer 8 habe ich fast eine Stunde gebraucht. Mein Gel versauter Magen entleerte sich bis dahin zweimal. Wieder bis zur Verpflegung gehen, was trinken, locker Joggen. Mehr war nicht möglich und an Nahrungsaufnahme nicht zu denken. Als ich an der Schleuse den Kanal verließ um Richtung Schwanstetten zu laufen traf ich auf Jule und Robert. Auch denen erklärte ich, dass ich eigentlich nicht mehr weiter möchte. Aber Jule bekräftigte mich mit ganz lieben Argumenten, dass es doch wirklich doof wäre, JETZT aufzuhören. Ich nahm es mir zu Herzen, trank noch etwas an der Verpflegung, verbannte meinen Magen (dem es etwas besser ging) aus dem Gedächtnis und joggte wieder an. In Schwanstetten traf ich auf Bernd. Ihm ging es auch nicht besser als mir, er wollte aufhören, weil er so Schmerzen in der Achillessehne hatte und kaum laufen konnte. Wir klagten uns unser beider Leid und beschlossen, trotzdem weiter zu machen. Stachi kam mir am Kanal entgegen. Auch sein Gesicht war sehr gequält und zeigte mir somit, dass es auch ihm nicht gut ging. Irgendwie verflogen die Kilometer. Bernd und ich überholten uns immer wieder gegenseitig bis ich bei km 28 einen Stopp im Wald einlegen musste. Nicht auch noch Durchfall….so machte ich mich komplett entleert auf den Weg nach Hause. An der Lende teilte man mir mit, dass Bernd nur 2 Minuten vor mir sei und ich es gleich geschafft hätte. Welch Aufmunterung! Aber sie hatten Recht, ich war kurz vor dem Ziel auch wenn es noch einmal wehtat. Bernd hatte ich ziemlich schnell „eingefangen“ und wir beschlossen, gemeinsam die letzten Kilometer zu „sterben“. Der Himmel zog sich langsam zu, es wurde grauer, es donnerte, es begann zu regnen. Wir sind seit über 11 Stunden unterwegs. Rennen, radeln, schwimmen – kämpfen uns an den Rother Triathlon-Park und das Finish heran. Und das erst bei 33 Grad, nun bei strömenden Regen. Chrisi wollte mit uns einlaufen und wartete vor dem Zielkanal auf uns, wo wir von brandeten Jubel ins Ziel begleitet wurden.
Laut Felix Walchshöfer war es wegen der extremen Wetterbedingungen wohl auch einer der härtesten Wettkämpfe, die es in der 30-jährigen Geschichte je gegeben hat. Die Abbruchquote lag bei 19%! Das heißt, über 500 Teilnehmer haben das Rennen nicht zu Ende gebracht. Ich war mit meinen 11:43 mehr als zufrieden, schließlich war es meine erste Challenge. Aber all die anderen, hatten sich einfach mehr erhofft bei diesem Debüt, was bei diesen Rahmenbedingungen einfach nicht möglich war. Die meisten Teilnehmer brauchten gut eine Stunde länger als sonst, um hier zu finishen.
Dennoch war es ein unglaubliches Erlebnis, das Lust auf mehr macht.
See you at the finish line 2015!

http://www.challenge-roth.com/athleten.html

Geschrieben von Katja Wacker

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